Strompreise

Man hört immer wieder Behauptungen, wir würden in Deutschland weltweit am meisten für Strom zahlen. Auch die aktuelle Diskussion zum Industriestrompreis geht in diese Richtung und trägt dazu bei.

Die Statistiken von Eurostat sagen da etwas ganz anderes:

Strompreise für private Endverbraucher

Vergleich im europäischen Raum

Im Europäischen Raum sind die Strompreise für private Endverbraucher in den Niederlanden, Belgien Rumänien, Irland und Lichtenstein zum Teil deutlich höher als bei uns:

Für Haushaltskunden in der EU (für die Zwecke dieses Artikels definiert als mittelgroße Verbraucher mit einem Jahresverbrauch zwischen 2.500 Kilowattstunden (KWh) und 5.000 kWh) waren die Strompreise im ersten Halbjahr 2023 in den Niederlanden am höchsten (0,4750 € pro KWh), Belgien (0,4350 € pro KWh), Rumänien (0,4199 € pro KWh) und Deutschland (0,4125 € pro KWh) – siehe Abbildung 1. Die niedrigsten Preise wurden in Bulgarien (0,1137 € pro KWh) und Ungarn beobachtet (0,1161 € pro KWh) und Malta (0,1256 € pro KWh). Für niederländische Haushaltskunden lagen die Kosten pro kWh 64 % über dem EU-Durchschnittspreis, während Haushalte in Bulgarien, Ungarn und Malta weniger als die Hälfte des Preises als der EU-Durchschnitt zahlten.

Der EU-Durchschnittspreis im ersten Halbjahr 2023 – ein gewichteter Durchschnitt unter Verwendung der neuesten (2022) Daten für Strom durch Haushaltskunden – lag bei 0,2890 € pro kWh.

Steuern und Abgaben

In Polen, Zypern, Schweden und der Slowakei sind die Steuern und Abgaben auf Strom für private Endverbraucher teilweise erheblich höher als in Deutschland.

Die Gewichtung der Steuern und Abgaben ist in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich

Abbildung 3 zeigt den Anteil der Steuern und Abgaben am gesamten Stromeinzelhandelspreis für Haushaltskunden. In der EU war der Steueranteil im ersten Halbjahr 2023 in Irland am geringsten, wo die Werte sogar negativ waren (-90,4 %). Irland gewährte privaten Verbrauchern Zulagen und Mehrwertsteuerermäßigungen. Auch in Luxemburg, Portugal, Österreich, den Niederlanden und Litauen wurden Negativsteuern beobachtet. Der relative Anteil der Steuern war in Polen am höchsten und machte 48,6 % des Gesamtpreises aus. Der durchschnittliche Anteil der gesamten Steuern und Abgaben auf EU-Ebene betrug 19,2 %, ein Anstieg um 3,7 Prozentpunkte (Pp) im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2022, der hauptsächlich auf die Kürzung von Subventionen und Zulagen zurückzuführen ist. Die Mehrwertsteuer in der EU betrug 14 % des Gesamtpreises. Sie reichte von 4,8 % in Malta bis 21,3 % in Ungarn.

Strompreisänderungen im letzten Jahr

Die Strompreise für private Endverbraucher sind bei uns im letzten Jahr wesentlich weniger gestiegen als in den Niederlanden, Litauen, Rumänien, Lettland, Zypern, der Slowakei, Schweden, Belgien und Tschechien.

In den Niederlanden lag die Strompreisänderung in der ersten Hälfte 2023, im Vergleich zur ersten Hälfte 2022, bei 953.2 %

Largest increase in electricity prices in the Netherlands, Lithuania and Romania

Größter Anstieg der Strompreise in den Niederlanden, Litauen und Rumänien

Abbildung 4 zeigt die prozentuale Veränderung der Strompreise für Haushaltskunden inklusive aller Steuern und Mehrwertsteuer vom ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022. Zum Vergleich wurden die Landeswährungen verwendet. Bei den Energiepreisen ist ein Vergleich von Jahr zu Jahr statt von Semester zu Semester am aussagekräftigsten, um saisonale Effekte zu vermeiden. Allerdings sind diese saisonalen Effekte in den letzten Semestern weniger ausgeprägt. Von Jahr zu Jahr stiegen die Gesamtpreise in den meisten EU-Mitgliedstaaten, mit Ausnahme von fünf. Der größte Anstieg wurde in den Niederlanden (953,2 %) beobachtet, gefolgt von Litauen (87,8 %) und Rumänien (77,3 %). Treiber für den Anstieg waren Energie- und Versorgungskosten sowie der Abbau von Subventionen und Zulagen. Spanien (-40,6 %) und Dänemark (-16,3 %) waren die beiden EU-Länder, die die stärksten Rückgänge verzeichneten.

Strompreise für Industrie und Gewerbe

Vergleich im europäischen Raum

Auch bei den Strompreisen für Gewerbe und Industrie ligt Deutschland, anders als in den Medien derzeit dargestellt, ganz und gar nicht in der teuersten Klasse. Industrie und Gewerbe zahlen in Italien, Zypern, Rumänien, Griechenland, Irland und der Slowakei teilweise erheblich mehr für Strom.

Die höchsten Strompreise gibt es in Rumänien und Italien

Als Nichthaushaltsverbraucher gelten für die Zwecke dieses Artikels mittelgroße Verbraucher mit einem Jahresverbrauch zwischen 500 MWh (Megawattstunden) und 2.000 MWh. Wie in Abbildung 6 dargestellt, waren die Strompreise im ersten Halbjahr 2023 in Italien (0,2525 € pro KWh) und Zypern (0,2471 € pro KWh) am höchsten. Die niedrigsten Preise wurden in Finnland (0,0808 € pro KWh) und Schweden (0,1121 € pro KWh) beobachtet. Der EU-Durchschnittspreis lag im ersten Halbjahr 2023 bei 0,1833 € pro KWh. Bei den Aggregaten handelt es sich um gewichtete Durchschnittswerte, die den durchschnittlichen Verbrauch in jedem Bereich berücksichtigen.

Steuern und Abgaben

Auch wenn behauptet wird, dass ein Industriestrompreis benötigt wird um deutsche Industrie im internationalen Vergleich konkurrenzfähig zu halten/machen. An den Steuern auf Strom liegt es eher nicht. In Polen, Zypern, den Niederlanden, Italien, der Slowakei, Belgien und Griechenland müssen Industrie und Gewerbe teilweise deutlich höhere nicht erstattungsfähige Steuern und Abgaben auf Strom bezahlen

Anteil nicht erstattungsfähiger Steuern und Abgaben am Strompreis

Abbildung 8 zeigt den Anteil der nicht erstattungsfähigen Steuern und Abgaben am Gesamtstrompreis für Nichthaushaltskunden. Im ersten Halbjahr 2023 war der Steueranteil in Polen und Zypern am höchsten, wo nicht erstattungsfähige Steuern und Abgaben 34,2 % bzw. 30,4 % des Gesamtpreises ausmachten. Der Steueranteil der EU lag im ersten Halbjahr 2013 bei 10,0 %, ein Rückgang im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 (12,6 %), aber ein Anstieg im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2022 (5,6 %).

Strompreisänderungen im Vergleich zur ersten Hälfte 2022

Von den Steigerungen des Strompreises im letzten Jahr, im Vergleich zu anderen Ländern im europäischen Raum, müssen wir gar nicht erst reden. Wer hier behauptet, Strom ist für Industrie und Gewerbe in Deutschland so teuer geworden sollte mal zu den anderen Ländern im europäischen Raum schauen.

Entwicklung der Strompreise für Nichthaushaltskunden

Abbildung 9 zeigt die Entwicklung der Strompreise für Nichthaushaltskunden inklusive aller nicht erstattungsfähigen Steuern und Abgaben vom ersten Halbjahr 2022 bis zum ersten Halbjahr 2023. Zum Vergleich wurden die Landeswährungen herangezogen. Die größten Zuwächse wurden in Ungarn (105,7 %) und Frankreich (100,2 %) verzeichnet, gefolgt von Luxemburg (92,0 %). Rückgänge wurden in neun Ländern gemeldet, wobei die stärksten Rückgänge in Spanien (-38,3 %) und Portugal (-20,6 %) zu verzeichnen waren.
Quellen: Alle Grafiken von Eurostat - https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/

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